Timm Starl
Bilder für eine konservative Zeitung
Photo: Barbara Pflaum
Bildchronistin der Zweiten Republik
Hrsg. von Wolfgang Kos, Gerald Piffl, Peter Stuiber und Susanne Winkler
Ausstellungskatalog Wien Museum
Wien: Christian Brandstätter, 2006
27,5 : 22,1 cm, 328 S., 332 teils farbige Abb.
Broschiert
€ 29,- broschiert (Museum), € 49,90 gebunden (Buchhandel)
Die 1912 in Wien geborene Hansi Barbara Gebhardt wächst in einer wohlhabenden Familie auf,
besucht von 1931 bis 1934 eine Kunstgewerbeschule, heiratet 1934 Peter Pflaum, bringt drei
Kinder auf die Welt, wird 1948 geschieden, besucht die Grafikklasse der Hochschule für angewandte
Kunst, bekommt 1952 eine Kamera als Geschenk, arbeitet ab 1954 als freie Fotografin,
erhält 1955 eine Stelle als Fotografin bei der Wochenpresse, die sie bis zur Pensionierung 1977
innehat, veröffentlicht ab 1961 ihre Aufnahmen auch in Büchern, stirbt 2002 und hinterlässt etwa
15.000 Abzüge und 150.000 Negative.
Dies ist kein ungewöhnlicher Lebensweg, nicht für eine Frau und nicht für eine Pressefotografin.
Auch einige Zeitgenossinnen, die für Zeitungen tätig waren, kamen aus gutbürgerlichen
Verhältnissen und fanden oft erst zur Fotografie, nachdem sie sich in anderen Berufen
versucht hatten: Margarethe Michaelis (Jahrgang 1902), Gertie Deutsch (Jahrgang 1907), Maria
Austria (Jahrgang 1915) und Inge Morath (Jahrgang 1923), um nur ihre etwa gleichaltrigen
österreichischen Kolleginnen zu nennen. Manche von ihnen mussten in den 1930er Jahren
emigrieren oder sind aus anderen Gründen weggezogen, und alle haben im Ausland Karriere
gemacht. Dagegen hat Barbara Pflaum im konservativen Österreich der Nachkriegszeit ihre
Laufbahn begonnen und zwei Jahrzehnte eine führende Position in ihrem Metier innegehabt.
Allerdings war sie in sozialer Hinsicht keine Aufsteigerin, bewegte sie sich doch seit
ihrer Jugend auf jenem Parkett, das ihr auch als Fotografin vorwiegend als Arbeitsfeld dienen
sollte: die Welt der Empfänge, Bälle und des Theaters, die Stätten, wo die Prominenz ihre Auftritte
hat, die Ateliers der Künstler, Museen und Galerien mit ihren Vernissagen. Eine neue Umgebung
mögen für die Fotografin die politischen Schauplätze bedeutet haben, doch auch dort
suchte sie die Nähe der exponierten Figuren.
Pflaum hatte ein Faible für die Zeremonie, die sie in der Selbstdarstellung und Gestik der
Berühmtheiten ebenso entdeckte wie in den Ritualen der Pressekonferenzen und Demonstrationen,
in Theateraufführungen und Modeschauen, im Defilee der Staatsgäste vor den angetretenen
Ehrenkompanien oder angesichts der jubelnden Menge. Wollte sie jedoch die einfachen Leute,
die unbekannten Bewohner der Stadt bei ihren Vergnügungen und Verrichtungen aufnehmen, so kamen diese eher als Gruppen ins Bild und wurden aus einiger Distanz beobachtet – sieht man
von dem Buchprojekt Die Wienerin von 1965 ab, für das auch Nahsichten von Marktfrauen und
Hausbesorgerinnen angefertigt worden sind. Analog entstanden die Theateraufnahmen zumeist
bei Inszenierungen der großen Bühnen, wogegen die Kellertheater und kleinen Häuser nur ganz
selten besucht wurden.
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